Warum ich gern alleine reise


Travel & Culture / Freitag, Mai 5th, 2023

Am liebsten reise ich allein, vor allem ins Ausland. Trotzdem ist das auch für mich weder einfach noch selbstverständlich. Es kostet mich jedes Mal Überwindung – aber meistens hat es sich am Ende gelohnt. Womit wir schon beim ersten Grund sind, weshalb ich gern allein reise:

Ich erweitere meine inneren Grenzen und fühle mich lebendig

Es ist unsicher, es ist gewagt. Und ich kann noch so oft allein verreisen, ich bin doch jedes Mal wieder ziemlich aufgeregt. Weil ich es mir zu Hause in der Zwischenzeit so schön bequem gemacht habe, mich in meinen Alltagsroutinen sicher und geborgen fühle. Bis mich die Abenteuerlust wieder packt, die meine andere Seite ist. Wenn ich die innere Hürde der Komfortzone überwunden habe, komme ich anschließend mit erfrischenden Momenten erfüllt wieder nach Hause zurück und bin ein Stück gewachsen. Dann fühle ich mich auch im Alltag wieder lebendiger und mutiger, weil sich mein Rahmen vergrößert hat. Ich habe Kontakt zur „Weltenseele“ aufgenommen, diesem Gefühl, mit etwas Größerem in Verbindung zu stehen, was mir zu Hause ab und zu verloren geht. Es liebe es, dieses Gefühl wieder aufzufrischen!

Ich spreche meine Sprachen

Regelmäßig eine meiner Sprachen zu sprechen und in eine fremde Kultur einzutauchen, ist für mich von allergrößter Bedeutung. Da ich auf Reisen nicht die ganze Zeit mit mir selbst reden will, muss ich mich überwinden, mit fremden Menschen ein Gespräch anzufangen. Das kann der brasilianische Straßenmusiker sein, der Bossa Nova und Samba von seiner Gitarre begleitet singt. Oder der freundliche Kellner im Restaurant, der Taxifahrer, der mich nach einer durchtanzten Nacht nach Hause bringt. Da gelingt es mir, innerhalb der normalen Alltagskontakte schöne kurze Begegnungen zu erleben und endlich mal wieder „fremdsprachig“ zu reden.

Allein nehme ich mehr von meinem Umfeld wahr

Wenn ich allein reise, kann ich mich voll und ganz auf das Umfeld einlassen. Ich tauche tiefer in die jeweilige Stadt, den Ort ein. Ich nehme mehr Inspirationen mit.

Ich kann in meinem ureigenen Rhythmus reisen

Das ist für mich ein weiterer wichtiger Grund, allein zu reisen. Regelmäßige Pausen geben mir zwischendurch Zeit, die Eindrücke zu verdauen und entsprechend zu würdigen. Manchmal setze ich mich auch einfach hin und schreibe. Ich muss mich nicht absprechen. Ich muss mich nicht an Termine halten, außer ich mache mir selbst welche. Ich kann mich einfach treiben lassen, meiner Intuition nachgehen.

Ich lerne (immer wieder), mir selbst zu vertrauen

Mir wird oft gesagt, wie mutig von dir, dass du allein reist. Für mich ist das etwas Normales, denn ich habe schon sehr früh damit begonnen. Mit 18 bin ich für ein Jahr nach Paris gegangen und habe dort nicht als Au-Pair in einer Familie gelebt, sondern allein in einer kleinen Wohnung im 18. Arrondissement.

Das Jahr hat, glaube ich, den Grundstein für meine künftigen Auslandsaufenthalte und Reisen gelegt. Dort habe ich gelernt, wie ich allein zurechtkommen kann. Damals gab es weder Internet noch Mobiltelefon und ich konnte oder musste nicht in dauerndem Kontakt mit zu Hause stehen.

Allerdings ist es nicht so, dass meine über die Jahre gesammelte Erfahrung im Alleinreisen mir das ultimative Gefühl von Sicherheit geben würde. Denn die Situationen, mit denen ich alleine klarkommen muss, sind ja meist verschieden. Mal ist es eine zu laute Wohnung, mal ein Verkehrsmittel, mal eine Unsicherheit, wenn ich nachts ausgehe.

Oder auch nur das latente Gefühl von Einsamkeit, das halt doch manchmal aufkommt. Das ist eigentlich für mich die größte Herausforderung, mein Herz solchen Momenten wieder zu öffnen. Heute ist zum Beispiel ist der erste Morgen in einer fremden Wohnung, und ich fühle mich gerade ziemlich verloren. Ich habe aber gelernt, dass das vor allem am Anfang oft so ist. Und ich tröste mich mit dem Schreiben dieses Blogartikels über diese seltsame Stimmung hinweg, sozusagen indem ich mit dir, Leser:in, schreibend spreche. Das schafft ein Gefühl der Verbundenheit mit lieben Menschen, und schon fühle ich mich weniger allein.

Ich lerne (immer wieder), dem Lauf der Dinge zu vertrauen

Vor jeder Reise bin ich immer ziemlich nervös. Was mir dann hilft, ist, mich in ein gewisses Urvertrauen hineinfallen zu lassen, dass es für alles im richtigen Moment schon eine Lösung geben wird und vor allem, dass es schon gut laufen wird, und zwar meist viel besser als gedacht. Dass ich nicht alles durchplanen muss, sondern für Gelegenheiten und Begegnungen offen bin. Da ich ein kleiner Kontrollfreak bin, ist das für mich nicht einfach, aber immer wieder eine gute Übung – und am Ende auch eine weitere Erfahrung, mit der ich mein Urvertrauen gestärkt habe. Denn oft geschehen auf den Reisen Dinge und Begegnungen, die ich niemals so hätte planen können.

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